Text: Ralf Klemm
Die Null ist rund
Die Null ist ja fast ein runde Sache. Fußballerisch wussten dass immerhin schon solche Heroen wie Rudi Gutendorf, der den Meidericher SV zur Bundesliga-Vizemeisterschaft führte, auch Klaus Schlappner ließ sich von der Faszination der Null elektrisieren und brachte so den SV Waldhof fast in den UEFA-Cup. Philosophisch geadelt haben die Null dann ja Huub Stevens und seine Euro-Fighter. Also konnte das mit der Null für unseren Besuch bei unseren litauischen Freunden in Druskininkai in diesem Jahr eigentlich gar nicht so verkehrt sein, und – man muss ehrlich sein – dieser Plan entsprach auch durchaus unseren fußballerischen Fähigkeiten. Hinten „rund“ verteidigen und vorne helfen unsere Fußballgötter Boris und Sebastian. Etwas erschreckend gestaltete sich dann die Turnierrealität: 11 Mannschaften, jeder gegen jeden, über vier Stunden weitgehend entlastungsfreie Defensivschlacht mit gerade mal zwei kurzen Pausen. Doch nachdem wir uns nochmal auf unseren Underdogstatus eingeschworen hatten, ging es „rund“. Teilweise „Krampf“-haft wuchteten wir immer wieder Körpermassen in die Angriffsbemühungen der Gegner. Die Belohnung: in vier von zehn Spielen hielten wir das 0:0, in keinem Spiel gab es mehr als ein Gegentor, unser Torverhältnis von 6:5 war defensiv besser als das des Turniersiegers und in unserem Highlightspiel gegen die Ukraine drehten unsere aus der Art geschlagenen Offensivgötter Boris und Sebastian den Rückstand noch in einen 3:1-Sieg.Wenn die Defensive Meisterschaften gewinnt, hätten wir den Turniersieg verdient gehabt – die Realität platzierte uns dann aber nur auf Platz acht. Als kleines Trostpflaster wurde Fred für seine spektakulären Torwartparaden aber wenigsten als bester Keeper des Turniers ausgezeichnet. Also doch fast eine „runde“ Sache. Deren Krönung folgte dann aber beim gemeinsamen Abschlussbankett, als der Hirschbraten am Grill

Der traditionelle Hirschbraten in Litauen.
rotierte. Hier erwies sich der vorher doch sehr sperrige Turniermodus (jeder gegen jeden) von seiner besten Seite. Jedem Gegenspieler hatte man vorher auf dem Platz schon mal die Hand geschüttelt, jedem war man zweikampfmäßig mehr oder weniger schmerzhaft nahe gekommen. Bei Hirschfleisch und Pils boten sich schnell gute Anknüpfungsmöglichkeiten und es bewahrheitete sich einmal mehr, wie fast immer, dass erst eine gute dritte Halbzeit unsere Reisen so richtig abrundet – völlig unabhängig davon, ob unser Auftritt auf dem Platz vorher ebenfalls „rund“ gelaufen war.